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Viola Weinert

Viola Weinert, Mitglied des Kreistages

DIE LINKE zur Asylthematik im Kreistag

Frau Vorsitzende, sehr geehrte Damen und Herren Mitglieder des Kreistages, verehrte Gäste!

Ich spreche im Namen meiner Fraktion, zu allen drei Beschlussvorlagen:

Vor unserem Kreis stehen heute drei Beschlussvorlagen zur Abstimmung, die sich ausschließlich mit der Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen in unserem Kreis beschäftigen. Resümierend aus der gestrigen Einwohnerversammlung aus Senftenberg ist uns allen klar, ein Teil der Einwohner hat Probleme mit diesen Beschlussvorlagen.

Im Namen meiner Fraktion kann ich sagen, einige Bedenken und Einwände verstehen wir. Wir, die Fraktionen des Kreistages beschäftigen uns seit geraumer Zeit damit, und wir haben es uns auch nicht leicht gemacht. Wir hatten die Gelegenheit, das umstrittene Landschulheim in Senftenberg zu besichtigen und unser Votum abzugeben. Und wir haben in unserer Fraktion entschieden, mehrheitlich für dieses Objekt zu stimmen. Wir wissen, eine optimale Variante ist es nicht. Aber wir haben momentan keine Alternativen. Und wir vertrauen hier der Verwaltung, dass das Schullandheim eine nicht allzu lange Nutzung als Unterkunft für Asylsuchende sein wird.

Der Kreis muss in diesem Jahr die noch anstehende Zahl von rund 120 Asylsuchenden erfüllen - sie unterzubringen. Der Landrat hat gestern mehrmals erklärt, warum sich das eine oder andere von den Einwohnern anvisierte Objekt nicht eignet. Erschreckend für mich und sicher auch für andere gestern Abend war die fast letzte Bemerkung aus der Runde: "Wir wollen gar keine Asylbewerber". Und das wollen zumindest wir, so im Raum nicht stehen lassen. Es geht hier nicht um Wollen. Es ist eine Pflichtaufgabe per Gesetz, und dieser haben wir uns zu stellen.
Und ich persönlich sehe es nicht so sehr als "Pflicht" an, es ist eine menschliche Aufgabe.
Der Sänger Sting hat in einem Lied an die Amerikaner anlässlich der Kubakrise gesungen: "Denkt ihr, die Russen lieben ihre Kinder nicht auch?" Und ich frage die skeptischen Einwohner und vor allem die aufgeregte Mutter von gestern Abend: "Glauben Sie, die syrischen Mütter und Väter lieben ihre Kinder nicht auch? Und weil sie sie lieben, flüchten sie aus einem Land, in dem täglich Bomben fallen, wo Krieg herrscht, wo Hunger und Chaos herrscht. Was würden Sie persönlich tun?"

Ich für mich kann sagen, ich wäre mit meinen Kindern auch geflohen. Und ich sehe in Lauchhammer im Asylbewerberheim spät in der Nacht in den Räumen der Flüchtlinge Licht. Und sie haben mir gesagt, die Kinder haben Angst im Dunkeln und sie müssen sich an Frieden und Ruhe erst gewöhnen. Und sie haben einen gefährlichen und langen Fluchtweg hinter sich. Was mutet man Menschen im 21. Jahrhundert alles zu? Ein junger Mann sagte gestern Abend: "Wer verlässt schon freiwillig sein Land?"

Und solange auf dieser Welt Waffen produziert, verkauft und exportiert werden – und Deutschland ist der drittgrößte Waffenexporteur der Welt – solange man mit Waffen viel Geld verdient, solange kommen diese Waffen zum Einsatz und es gibt Krieg. Momentan gibt es 42 Krisen - und Kriegsgebiete auf der Welt! 42!

Angesichts der momentanen politischen Situation in der Welt, und vor allem im arabischen Raum, steht diese Aufnahmezahl von 120 Asylbewerbern und Flüchtlingen wie eine recht kleine Zahl da. Laut UNHCR sind 2014 45 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. 33,3 Mio. Menschen davon sind Binnenflüchtlinge, die in den Nachbarländern Zuflucht suchen, also nicht nach Europa kommen. Der Libanon, zum Beispiel, hat vier Millionen Einwohner. Und dennoch hat das Land mehr als eine Miollionen Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen.

Die desaströse Entwicklung in Syrien lässt sich in absoluten Zahlen kaum fassen. Plastischer wird es durch die Beschreibung des UNHCR, das dort etwa alle 60 Sekunden eine Familie die Flucht ergreife, täglich mache der Krieg 9 600 Syrer zu Vertriebenen im eigenen Land.

Die Menschen, die zu uns kommen, haben einen langen und schwierigen Weg hinter sich. Und sie kommen nicht als "Wirtschaftsflüchtlinge", sie sind Flüchtlinge laut Genfer Konvention und haben wie jeder Mensch das Recht auf Asyl und auf eine menschenwürdige Behandlung.
Deutschland beherbergt derzeit laut Eurostat 152 780 Flüchtlinge. Die Zahl der aufzunehmenden Flüchtlinge und Asylbewerber wird sich erhöhen. Wir müssen uns darauf vorbereiten.

Deshalb schließen wir uns der Forderung der SPD-Fraktion an und sind gern bereit an der Ausarbeitung eines Gesamtkonzepts zur Aufnahme von Asylsuchenden in unserem Kreis mitzuarbeiten.

Für die Senftenberger hoffen wir, dass es ein friedliches Nebeneinander – vielleicht auch Miteinander geben wird. Erfahrungen aus Lauchhammer können hier übernommen werden.

Und zum Schluss, noch ein Wort zur Integration von Flüchtlingen: Um Flüchtlinge zu integrieren, müssen sie Gelegenheit bekommen, sich selbst zu verwalten. Dem entgegen steht das Gutscheinsystem unseres Kreises. Nur noch in zwei von 16 Landkreisen in Brandenburg bekommen die Asylbewerber und Flüchtlinge Gutscheine, um ihren Lebensmittelbedarf zu decken. Mit Gutscheinen ist man in einem relativ großen Maß ausgeschlossen, um am  gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Das behindert auch Integration.

Die Bundesregierung, der Bundesrat haben den Asylkompromiss angenommen. In ihm heißt es, dass im Artikel 3 der Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes Absatz 2 wie folgt geändert wird und Satz 1 wie folgt gefasst wird:

"Bei der Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des Asylverfahrensgesetzes sind vorbehaltlich vorrangig Geldleistungen zur Deckung des notwendigen Bedarfs nach Absatz 1 Satz 1 zu gewähren."

Wenn der Bundestag in seiner nächsten Sitzung dem Asylkompromiss zustimmt, erwarten wir eine schnelle Umsetzung auch in unserem Kreis. Vielleicht können wir schon im Dezember 2014 mit der Auszahlung von ausschließlich Bargeld beginnen.

Im Namen der Fraktion DIE LINKE: Wir werden den heute zur Beschlussfassung stehenden Drucksachen unsere Zustimmung geben.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.


Büro Dannenberg Kathrin

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